Bessere Texte

Wer schlau spricht, wirkt doof

Gerade im Job ist es mitunter vorteilhaft, schlauer zu wirken als man eigentlich ist. Einfach mal ein bisschen Eindruck schinden und den Checker mimen. Natürlich sollte man den Bogen dabei nicht überspannen. Die Grenzen der eigenen Fähigkeiten offenbaren sich schließlich durch nichts deutlicher, als wenn man sie ständig überschreitet. Eine beliebte Strategie, um Eindruck zu schinden, besteht darin, sprachliche Blendgranaten und Nebelkerzen zu werfen. Da wird dann formuliert, dass sich die Fremd- und Fachwörter nur so biegen. Wer sich – zumindest nach eigenem Gutdünken – „gewählt“ ausdrückt, wähnt sich auf der sicheren Seite, wenn nicht sogar auf der Überholspur.

Doch weit gefehlt. Bereits 2005 hat der Psychologe Daniel Oppenheimer von der amerikanischen Princeton University in einer Studie* gezeigt, dass Klugschnacker*innen in keiner Weise intelligenter wirken. Wer beim Formulieren seiner Texte durch komplexe Wörter und Sätze schlauer erscheinen will, erreicht genau das Gegenteil.

Es gibt klassische Bereiche, in denen ist der Grundsatz „Nur wer sich elaboriert ausdrückt, gehört zur (geistigen) Elite“ tief verankert. Doof, dass da nun so ein Psychologe mit Student*innen rumexperimentiert hat und zum gegenteiligen Ergebnis kommt. So stimmt es zwar, dass Intelligenz und ein großer Wortschatz miteinander einhergehen. Es stimmt jedoch nicht, dass eine anspruchsvolle Wortwahl auch einen intelligenten Eindruck bei Leser*innen oder Zuhörer*innen hinterlässt. Thesaurus sowie das körpereigene Synonymwörterbuch dürfen beim Schreiben also ruhig geschlossen bleiben.

Psychologe David Oppenheimer fand heraus, dass eine unnötig gestelzte Sprache Leser*innen zu einem negativen Urteil über die Autor*innen eines Textes führt. Wer sich also für komplexe Formulierungen enscheidet, entscheidet sich gegen Leser*innen. Diese glauben nämlich nicht etwa, dass sie selbst zu blöd wären, einen schwierigen Text zu verstehen. Vielmehr nehmen sie an, dass die Autor*in des Textes nicht in der Lage ist, sich verständlich auszudrücken.

Illustrieren wir das an einem kleinen Beispiel. Folgender Satz setzt sich aus Formulierungen zusammen, die besonders in Sonntagsreden extrem beliebt sind – zumindest bei den Vortragenden.

  • Ich kann Ihnen versichern, dass alle relevanten Akteure ihr Thema im Gleichklang neu denken werden, um so langfristig zu nachhaltigen Synergieeffekten zu gelangen. Dafür gilt es natürlich, die Potenziale entlang der Interessen unserer Zielgruppe zu aktivieren und innovative Impulse zu setzen.

Übertragen wir das doch mal ins private Umfeld. Kommen Sie da etwa abends vom Job nach Hause und flöten Ihrer besseren Hälfte folgende Worte entgegen?

  • Du Schahaatz … Ich möchte diesen Abend gerne entlang deiner Interessen gestalten. Vielleicht ergeben sich daraus ja später noch Synergieffekte, die wir dann innovativ und im Gleichklang mit weiteren relevanten Akteuren umsetzen können.

Szenen, wie sie das Leben niemals schreiben wird. Also schreiben auch Sie nicht so. Bleiben sie auf dem Boden. Reden Sie ganz normal. Machen Sie sich verständlich. Wie das geht? Ganz einfach: Überprüfen Sie jeden Ihrer Texte auf folgenden Grundsatz: Wenn etwas klingt wie formuliert, muss es noch mal geschrieben werden.

*Oppenheimer, D. M. (2005). Consequences of erudite vernacular utilized irrespective of necessity: Problems with using long words needlessly. Applied Cognitive Psychology, 20(2), 139-156.

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